Über Pandemien, Ängste und Leichtfertigkeiten.
Das Coronavirus ist in allen Headlines. China hatte anfänglich sehr zurückhaltend informiert, nun aber scheint das Ausmaß der Bedrohung erkannt zu sein: Die Neujahresfeiern werden um ein paar Tage verlängert, nachdem das Virus mittlerweile in allen chinesischen Provinzen aufgetaucht ist. Fluglinien und -gäste werden streng kontrolliert. Über die Gefährlichkeit und Mutationskraft des Virus weiß man aber immer noch zu wenig.
Alle paar Jahre kommt es zu ähnlichen Vorfällen: Das war das Spektakulärste bis dahin. Abgesehen von den massenhaften Infektionskrankheiten, die Afrika immer wieder heimsuchen, wie Ebola. Gesundheitssysteme sind überfordert, die Ängste der Menschen teilweise durch mediale Hypes ins Maßlose gesteigert. Eine Angstwelle ist zumindest ebenso gefährlich wie eine Erregerwelle.
Warnen ohne zu skandalisieren oder leichtfertig Ängste zu schnüren. Geht das? Was bedeutet es, wenn beispielsweise in China knapp 100 Menschen bereits an der viralen Erkrankung gestorben sind? Das ist, wie wenn ein Flugzeug abstürzt und niemand mit dem Leben davonkommt. Kann man derartiges überhaupt vergleichen?
Und kann man Gesundheit messen? Ist ein Land gesund, in dem zwar der Nichtraucheranteil deutlich gesunken ist, ebenso wie der Alkoholkonsum, andererseits die Zahl der übergewichtigen Menschen schon bei 60 Prozent liegt und bis zu 15 Prozent der Kinder adipös und chronisch krank sind?
Es ist gesundheitsschädigend, wenn in einem Land wie Österreich eine erschreckend niedrige Durchimpfungsrate herrscht (ein Beispiel Masern) und gleichzeitig auf die Mündigkeit und Entscheidungsfreiheit der Patienten verwiesen wird?
Ist es dem Wohlempfinden und der Gesundheit des Einzelnen zuträglich, wenn zunehmend ökonomische Überzeugungen dominieren und die Freiheit der freien Berufe unterminiert wird.
Kann man tatsächlich messen – wie es der Wohlfühlindex tut – wann und wie sich Menschen als gesund und glücklich definieren?
Und wie soll man die Ängste von älteren Menschen messen, die fürchten, zu verarmen, isoliert zu werden und allein zu sterben. Im Vergleich etwa zu Deutschland ist die durchschnittliche Rente in Österreich um 40 Prozent höher. Ist das ein Maßstab?
Wie soll man messen, ob eine hohe Operationsquote (beispielsweise bei Gelenkersatz) zuträglich für das Wohlbefinden von Menschen ist, ohne mitzubedenken, dass auch ökonomische Interessen im Spiel sind.
Es ist auch ein Appell an die Medien, weniger zu dramatisieren und mehr aufzuklären. Spektakuläre Headlines tragen nicht zur Information und zur Bewusstseinsvertiefung bei. Im Gegenteil – sie schüren irrationales.
Dem gegenüber sind offizielle Gesundheitsbehörden machtlos: Sie dürfen nichts hinunterspielen, aber sie dürfen – zurecht – auch nicht dramatisieren. Und sie haben es schwer, sich im Boulevarddschungel durchzusetzen.
Reden wir weniger über Messbarkeit als das subjektive Empfinden des Menschen und das Verhältnis Arzt und Patient. Das ins rechte Lot zu bringen, ist Herausforderung genug.