von Präsident Thomas Szekeres

Die COVID-19-Pandemie hat alle Teile unserer Gesellschaft vor völlig neue Herausforderungen gestellt, darunter in besonderem Maß natürlich auch die Ärzteschaft. Von Beginn an ist hier den Ärztinnen und Ärzten eine entscheidende Rolle zugekommen. Unter dem Eindruck der Bilder aus Italien mussten schnell Maßnahmen ergriffen werden, um zu verhindern, dass Ordinationen und Ambulanzen zu Hauptumschlagplätzen für das Virus werden und nicht nur das Gesundheitssystem über Gebühr belastet wird, sondern auch, die Ärztinnen und Ärzte vor Infektionen und damit schwerwiegenden Folgen zu schützen. Ein wichtiger Part kam hier den Ärztekammern als gesetzliche Interessensvertretung zu. Im Eilverfahren konnte ein Maßnahmenpaket zur raschen und unbürokratischen Versorgung aller Patientinnen und Patienten im Zuge der Corona-Krise beschlossen werden. Darin wurde etwa auch die von der Ärzteschaft geforderte telefonische Verordnung von Medikamenten durch Ärztinnen und Ärzte sowie die telefonische Krankschreibung ermöglicht. Dank des Engagements und der Flexibilität der Ärzteschaft konnte in kürzester Zeit der Arbeitsablauf derart umgestaltet werden, dass der Schutz für Ordinationen und Ambulanzen im Fokus stand.

Den Einsatz der Ärzteschaft kann man auch in dieser Zeit als vorbildlich bezeichnen. Im Kassenbereich hatten über 90 Prozent der niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte ihre Ordinationen offengehalten. Dass dabei verstärkt auf Telemedizin zurückgegriffen wurde, hat sich als äußerst effizient und vorausschauend erwiesen. Denn damit blieben katastrophale Versorgungssituationen wie in Italien oder Spanien aus.

Auch in den Spitälern wurden schnell sinnvolle Maßnahmen getroffen, um eine Ausbreitung des COVID-19-Virus möglichst einzudämmen. Wichtig war zum Beispiel, dass die Teams in Spitälern, abhängig vom Fach und der Abteilungsgröße, möglichst lang zusammenarbeiten und sich dann gegenseitig geblockt ablösen, um infektionsbedingte Totalausfälle von Abteilungen zu vermeiden. Wenn also ein Team aufgrund von Coronavirusinfektionen und Quarantänemaßnahmen ausfiel, konnte ein anderes sofort einspringen und den Abteilungsbetrieb so aufrechterhalten. Damit ließen sich teilweise oder vollständige Schließungen von Abteilungen vermeiden.

Schutzausrüstung

Die nächste große Herausforderung war das Thema Schutzausrüstung. Die verständlicherweise völlig überhitzte Situation auf dem Weltmarkt, verstärkt durch Anhaltungen von Lieferungen im internationalen Grenzverkehr, hat dazu geführt, dass gerade am Beginn der Pandemie Ärztinnen und Ärzte ohne entsprechenden Schutz hochinfektiöse Patienten zu behandeln hatten. Zu diesem Zeitpunkt habe ich einen vielbeachteten Hilferuf über die sozialen Medien lanciert, um auf diese unhaltbaren Zustände aufmerksam zu machen. Zugleich haben die Ärztekammern gemeinsam mit den Bundesländern und privaten Spendern dafür gesorgt, dass die Ordinationen Schutzausrüstung erhalten, damit sie auch in der Krisenzeit geöffnet bleiben konnten. Und das, obwohl dies eigentlich die Aufgabe der öffentlichen Hand gewesen wäre, wie es Monate später dann auch offiziell geregelt wurde und das Bundesministerium für Landesverteidigung mit Beschaffung, Einlagerung und logistischer Abwicklung betraut wurde.

Speziell in Wien konnte die Ärztekammer an einem weiteren Vorzeigeprojekt entscheidende mitwirken: Schon ab Ende Februar besuchte hier der Ärztefunkdienst rund um die Uhr Wienerinnen und Wiener mit Infektionsverdacht in ihren Wohnungen. Binnen 48 Stunden hatten die Mitarbeiter und Funktionäre des Ärztefunkdienstes das „home sampling“ und die ausgeweitete Betreuung organisiert. Die Kosten teilten sich die Stadt Wien mit der österreichischen Gesundheitskasse. Rückblickend gesehen war das der Schlüssel dafür, dass Wien im internationalen Vergleich ein für eine Großstadt hervorragender Umgang mit der Pandemie gelungen ist.

Kollateralschäden

Sobald sich die Lage stabilisiert hatte, rückten schnell wieder auch die Krankheiten abseits von Corona in den Fokus. Es musste sichergestellt werden, dass auch Vorsorge- und Routineuntersuchungen sowie Impfungen und aufgeschobene Operationen schnellstmöglich wiederaufgenommen und nachgeholt werden. Wir haben in der Zeit des Lockdown sehr bald erkannt, dass man das nur sehr kurze Zeit durchhält und dass es nur kurze Zeit möglich ist, auf diese Eingriffe zu verzichten. Mit Ende des Lockdown hat die Ärztekammer sogleich Patienten wieder aufgefordert, zu ihrem Arzt und ins Spital zu gehen – natürlich unter geschützten Rahmenbedingungen. Dennoch mussten bei den Vorsorgeuntersuchungen drastische Rückgänge verzeichnet werden – allein im zweiten Quartal 2020 um fast 40 Prozent. Die Bundesfachgruppe Radiologie der ÖÄK berichtete für März und April einen dramatischen Rückgang bei Screeninguntersuchungen um 70 bis 80 Prozent. (vgl. Frieser 2021) Problematisch war etwa, dass Krebsdiagnostiken verschoben wurden – beispielsweise auch auf dem Feld der Dermatologie. Das hatte zur Folge, dass Patienten nach dem Lockdown, wenn sie wieder zu ihrem Arzt kamen, mit einer weiter fortgeschrittenen Erkrankung konfrontiert waren und wertvolle Zeit verloren hatten. Zudem ist nun eine aufwändigere Behandlung nötig. Aus diesen Erfahrungen gilt es zu lernen, um die Patientenversorgung für die Zukunft zu optimieren.

Ausgleichszahlungen

Nach dem ersten Lockdown wurden für niedergelassene Ärztinnen und Ärzte auch finanzielle Folgen spürbar. Sie waren auf der einen Seite für die Patientinnen und Patienten in vorderster Front da, hielten in ihren Ordinationen eine kostspielige Infrastruktur aufrecht, hatten auf der anderen Seite jedoch wegen der Anordnung der Regierung, Arztpraxen nur in Notfällen aufzusuchen, entsprechende Umsatzeinbrüche, die teils existenzbedrohend ausfielen. In der Folge entspann sich ein monatelanger Kampf für entsprechende Ausgleichszahlungen, wobei sich aber weder Bundesregierung noch die Österreichische Gesundheitskasse zuständig fühlten und die Ärztevertreter lange im Kreis geschickt wurden.

Erst Anfang Dezember kamen die monatelangen Bemühungen der Ärztekammern um faire Ausgleichszahlungen für die niedergelassenen Kassenärztinnen und Kassenärzte zu einem erfolgreichen Ende, als der Nationalrat eine Absicherungsregelung beschloss, die ÖGK-Vertragsärztinnen und -ärzten 80 Prozent des Umsatzes des Vorjahres garantierte. (vgl. Bunda 2021 Ausgleichszahlungen)

Seitens der Ärztekammer wurden die beschlossenen Ausgleichszahlungen als positives Signal der Wertschätzung für all die Ärztinnen und Ärzte, die schon im ersten Lockdown unter höchstem persönlichen Einsatz an vorderster Front tätig waren und unser Gesundheitssystem aufrechterhalten haben, gewertet.

Drug Repositioning und Datenverknüpfung

Die Österreichische Ärztekammer hat sich früh für eine verstärkte Forschung im Bereich des „drug repositioning“ ausgesprochen.  Die Verwendung von Medikamenten, die für andere Indikationen zugelassen und deren Dosierungen beziehungsweise Nebenwirkungen daher bekannt sind, kann einen womöglich entscheidenden Zeitvorteil verschaffen, weil sie mit einem verkürzten Zulassungsverfahren verabreicht werden können.

Beim „drug repositioning“ wäre es sinnvoll, eine Vernetzung von Medikationsdaten (ELGA oder Sozialversicherung) mit den Daten aus dem EMS (Elektronisches Meldesystem der Gesundheitsbehörden) beziehungsweise den Krankengeschichten aus Spitälern herzustellen. So könnten antiviral wirksame Medikamente identifiziert werden. Diese können dann schneller eingesetzt werden, da große Teile der klinischen Prüfungen wegfallen. Dazu habe ich gemeinsam mit Frank Ulrich Montgomery, Vorstandsvorsitzender des Weltärztebunds, ein Konzept für eine europaweite Datenbank ausgearbeitet. In einem gemeinsamen Schreiben an die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, haben wir um Unterstützung bei der Etablierung ersucht, was bei der Kommission auf großes Interesse gestoßen ist.

Leider ist auf österreichischer Ebene eine nennenswerte Initiative des Gesundheitsministeriums als übergeordnete Behörde ausgeblieben. Weiterhin beklagen Wissenschaftler, dass Gesundheitsdaten viel zu wenig analysiert würden, das schade dem Gesundheitssystem und der Wirtschaft.

Versorgungslage

Eine weitere Lehre aus der bisherigen Pandemie ist, wie abhängig Österreich, aber auch Europa gesamt, bei Medizinprodukten und Arzneimitteln von Billiglohnländern sind. Für die Zukunft müssen aus unserer Sicht daher die Anstrengungen auf europäischer Ebene verstärkt und besser koordiniert werden. Es braucht jetzt Investitionen in die europäische Pharmaindustrie und in die europäische Produktion von technischen Hilfsmitteln, wie Schutzausrüstung für den Infektionsschutz und Beatmungsgeräten. Ein positives Beispiel ist hier sicherlich die Entscheidung des Pharmakonzerns Novartis, der seine Penicillin-Produktion nicht nach Asien verlagert hat, sondern sich für einen Verbleib in Tirol entschieden hat. Das macht Hoffnung, dass ein Umdenken stattfindet und dass diese Entscheidung Vorbildwirkung hat. Jede Investition in die europäische Versorgung wird sich langfristig mehr als bezahlt machen – nicht zuletzt auch durch die wichtigen Impulse für den Arbeitsmarkt.

Für die Zukunft müssten daher die Anstrengungen auf europäischer Ebene verstärkt und besser koordiniert werden. Es braucht jetzt Investitionen in die europäische Pharmaindustrie und in die europäische Produktion von technischen Hilfsmitteln wie Schutzausrüstung für den Infektionsschutz und Beatmungsgeräten. Dass ein großer Teil der Produktion wichtiger medizinischer Güter in den vergangenen Jahrzehnten zusehends in den Fernen Osten ausgelagert wurde, ist uns eine der schmerzlichsten Erkenntnisse dieser Pandemie. Dass bestellte und bezahlte Lieferungen innerhalb der EU an den Staatsgrenzen festgehalten wurden, darf sich ebenfalls nicht mehr wiederholen. Wir müssen viel europäischer denken und ein starkes Europa, das weniger vom Weltmarkt abhängig ist, ist die beste Antwort auf eine Pandemie, wie wir sie gerade erleben.

Masken

Die Österreichische Ärztekammer und auch ich persönlich haben sich im Pandemieverlauf besonders für eine breitere Verwendung der Masken stark gemacht. Das war ein Thema, das die Menschen in ihrem unmittelbaren Alltag berührt, daher sind die Reaktionen in Einzelfällen auch sehr emotional und manchmal auch persönlich angriffig ausgefallen. Aber als Ärzteschaft ist es unsere Verantwortung, unsere medizinische Kompetenz einzubringen. Keine Therapie ist immer zu 100 Prozent angenehm, aber man kann sie deswegen nicht einfach weglassen, wenn man eine Besserung erreichen möchte.

Impfstrategie

Am 27. Dezember 2020, während des zweiten Lockdowns in Österreich, wurden die ersten Menschen in Österreich gegen COVID-19 geimpft. Dies wurde als historischer Tag und Wendepunkt nach einem monatelangen Kampf gegen eine Pandemie angesehen, die von einem Tag auf den anderen alles veränderte. Damals wurden die drei Phasen der Impfstrategie der österreichischen Bundesregierung wie folgt dargestellt: In Phase 1 würde die „Hochrisikogruppe“, also Personen über 80, geimpft werden. Danach sollten „ältere Menschen und Beschäftigte der Kritischen Infrastruktur“ Vorrang eingeräumt werden, bevor in der dritten und letzten Phase alle Österreicher geimpft werden sollten. Leider wurde relativ schnell klar, dass das Impfprogramm aufgrund von Lieferverzögerungen und der langsamen Verteilung der Impfstoffe nicht wie geplant durchgeführt werden konnte. Die Österreichische Ärztekammer, die schon im Sommer 2020 dazu aufgerufen hatte, möglich schnell und umfassend Impfstoffe zu beschaffen, lancierte in dieser Phase zahlreiche Presseaussendungen, in denen die politisch Verantwortlichen aufgefordert wurden, endlich genug Impfstoffe zu besorgen. Auftretende Berichte, die aufzeigten, dass Österreich – wohl aus Kostengründen – nicht einmal das EU-Kontingent abgerufen hatte, das ihm zugestanden wäre, sorgten für zusätzlichen Unmut bei Ärztinnen und Ärzten, aber auch in der Bevölkerung. Alle sahen sich lange steigenden Infektionszahlen gegenüber, während der ersehnte Schutz durch die Impfung auf sich warten ließ. Die wahrgenommene Benachteiligung und ungleiche Verteilung heizten die Debatte um die Impfstrategie und deren Umsetzung weiter an, was die Verunsicherung in der Bevölkerung verstärkte.

Auch beim verstärkten Auftreten der Delta-Variante Mitte des Jahres 2021 hat die ÖÄK wieder in Erinnerung gerufen, dass weiterhin dringend Impfstoffe beschafft werden müssen. Bei dieser Variante schützt ja nur ein vollständig erfülltes Impfschema effektiv. Es wurde hier gewarnt, dass man sich hier in einem Wettlauf mit dem Virus befindet. Dass zu diesem Zeitpunkt so explizit gewarnt wurde, war jedenfalls dringend nötig, da aus Sicht der Ärztekammer die Gefahr bestand, die Fehler des Jahres 2020 zu wiederholen und im Sommer bei sinkenden Fallzahlen die Pandemie als beendet zu erklären. Hier war es wichtig, den Fokus nicht zu verlieren, um die gute Ausgangslage für die kommenden Monate nicht grundlos aufs Spiel zu setzen.

SARS-CoV-2 ist gekommen, um zu bleiben. Nach aktuellem Forschungsstand ist damit zu rechnen, dass unser Leben von diesem Virus in gleicher Weise beeinflusst wird wie durch Influenza-Viren. Für beide bieten Impfungen insgesamt einen guten Schutz. Es bleibt zu hoffen, dass sich die Verbreitung von Mutationen so weit verlangsamt, dass Pharmaunternehmen Zeit haben, wirksame Impfstoffe darauf zuzuschneiden. Gleichzeitig müssen wir bedenken, dass der weitere Verlauf nicht nur vom Auftreten von Mutationen und Fluchtmutationen abhängt, für die der derzeit verfügbare Impfstoff möglicherweise geringere Wirkung hat, sondern mittlerweile auch von der Bereitschaft der zu impfenden Bevölkerung. In den Sommermonaten Juli und August bemerkten Österreich und natürlich auch die Ärztinnen und Ärzte, dass die Impfkampagne ins Stocken geriet. Vereinbarte Termine wurden abgesagt, was vor allem abseits der Impfstraßen für erhebliche logistische Herausforderungen sorgte. Es zeigte sich, dass die meisten Menschen, die eine Impfung befürworten, ihre Dosen erhalten hatten. Übrig blieben vor allem die Impfgegner und die Impfskeptiker. Beide Gruppen erhielten deutlichen Zulauf insbesondere aufgrund der breiten und oft unangebracht aufgeregten Medienberichterstattung über Fälle, in denen Personen mit seltenen Impfreaktionen zu kämpfen hatten. Dazu kam das steigende Problem der Fake News und der Social-Media-Echokammern. Wie bei fast jeder Impfung der vergangenen Jahrzehnte und Jahrhunderte wurde die COVID-Schutzimpfung von einer Vielzahl an haarsträubenden Fehlinformationen begleitet. Durch die veränderte Mediennutzung der Bevölkerung mit immer stärker segmentierten Social-Media-Kanälen war es so schwer wie selten zuvor, dieser Desinformation wirkungsvoll entgegenzuwirken. Die Österreichische Ärztekammer hat seit Beginn der ersten COVID-Schutzimpfungen gemeinsam mit einem internationalen und prominent besetzten Expertenboard eine FAQ-Sammlung für Ärztinnen und Ärzte, aber auch für die breite Bevölkerung erstellt und auf der Homepage publiziert und kontinuierlich aktuell gehalten. Auch in Medienauftritten wurde stets unterstrichen, dass die COVID-Impfungen sicher und wirksam sind.

Zur weiteren Steigerung der Durchimpfungsquote muss mit einer breit angelegten Informationskampagne unter Einbeziehung von Angehörigen der Gesundheitsberufe und der Politik der unbegründeten Skepsis entgegengewirkt werden. Zudem müssen dringend die niedergelassenen Ärztinnen und Ärzte stärker in die Impfstrategie eingebunden werden. Es wird nun verstärkt auf Aufklärungs- und Überzeugungsarbeit ankommen, die am besten der Arzt leisten kann, dem die Menschen meist schon lange Zeit in den Fragen ihrer Gesundheit vertrauen. Nur durch eine transparente Kommunikation und Zusammenarbeit können wir die einzigartig herausfordernde Situation, in der wir uns derzeit befinden, gut meistern.

Das Problem des Föderalismus

In den ersten Phasen der Pandemie hat in Österreich der Bund das Krisenmanagement noch weitgehend selbst gesteuert. Ab dem Herbst wurden verstärkt Politiker aus den Bundesländern eingebunden, was dazu geführt hat, dass man auf die Rechte, die das Epidemiegesetz dem Bund zugestanden hat, zugunsten der Länder verzichtet hat. Dies führte in der Folge zu einigen Fehlentwicklungen.

Eine kürzlich veröffentlichte Studie der Wiener Gesundheitsökonomen Maria Hofmarcher und Christopher Singhuber kommt zu dem Schluss, dass die Regionalisierung des COVID-19-Krisenmanagements im Herbst 2020 zu erheblichen Verzögerungen in der Umsetzung der Kontaktnachverfolgung und zu unterschiedlichen Impfstrategien in den Bundesländern hat. „Der Zusammenbruch der Kontaktnachverfolgung in Österreich bei gleichzeitig steigender Anzahl an Infektionen führte Ende November 2020 zu einem neuerlichen, harten Lockdown. Die Aufklärungsquote ist von 65 Prozent der neu identifizierten Fälle auf 19 Prozent Mitte November gefallen und bis Jahresende vollkommen zusammengebrochen. Bereits im Juni 2020 hat der Bund zugesichert, dass er sämtliche Kosten für Aufbau der Kontaktrückverfolgung in vollem Umfang abgelten wird“, heißt es dort. (Hofmarcher, M. M., Singhuber, C. (2021): Föderalismus im Gesundheitswesen: Schwächen des COVID-19 Krisenmanagements. S. 5)

Heute stehen wir immer noch vor dem Phänomen, dass sich ein kleines Land wie Österreich quasi neun unterschiedliche Impfstrategien leistet. Aus Sicht der Österreichischen Ärztekammer ist hier im Hinblick auf die wohl bevorstehenden Folgeimpfungen eine Vereinheitlichung vonnöten.

Schlussfolgerung

Die Pandemie hat Fehlentwicklungen im österreichischen Gesundheitssystem deutlich sichtbar gemacht. Zu geringe Investitionen im Gesundheitsbereich haben über die Jahre zu fehlenden Ausbildungsmöglichkeiten und offenen Stellen geführt. Die anspruchsvolle Arbeit, die Ärzte im Alltag leisten, wird oft nicht ausreichend wertgeschätzt. Dort, wo Versorgungslücken sind, konnte sich SARS-CoV-2 besser verbreiten. Man darf daher keinesfalls im Gesundheitssystem einsparen. Die Pandemie hat somit nur noch einmal gezeigt, wie wichtig eine wohnortnahe und niederschwellige Versorgung sei. Die Politik muss genügend finanzielle Mittel zur Verfügung stellen und in das Gesundheitssystem investieren. Alle in der Krisenbewältigung Beteiligten müssen sich zudem zusammensetzen und eine ergebnisoffene ehrliche Problemanalyse in Struktur und Prozessen machen. Nur so kann es gelingen, Österreich infektiologisch zukunftsfit zu machen. In ähnlicher Weise haben sich auch Anfang Juli die Vertreter der deutschsprachigen Ärzteorganisationen Europas im Rahmen der 66. Konsultativtagung in Wien geäußert und ein gemeinsames Kommunique verabschiedet (vg. Bunda 2021, Grenzenloses Lernen). Darin wurde neben der sachlichen Fehleranalyse in allen Ländern und der Stärkung des Standortes Europa im Bereich wichtiger Medizinprodukte und Arzneimittel auch die Verknüpfung von Impfdaten mit den Daten zu den COVID-Erkrankungen gefordert, um Impfdurchbrüche zeitnah zu erkennen und entsprechende Anpassungen bei Impfstoffen rasch umzusetzen. Ebenso wurde es als essenziell angesehen, über Studien aufzuzeigen, welche Langzeitfolgen und Auswirkungen auf den Gesundheitszustand der Bevölkerung aufgetreten sind – auf physischer ebenso wie auf psychischer und sozialer Ebene.

Literaturverzeichnis:

Bunda, Sascha (2021): Ausgleichszahlungen: „Dickes Brett durchgebohrt“. In: Österreichische Ärztezeitung 1/2/2021, S. 13

Bunda, Sascha (2021): Grenzenloses Lernen. In: Österreichische Ärztezeitung 15/16/2021, S. 9 ff.

Frieser, Viktoria (2021): Prävention: Vergessene Vorsorge. In Österreichische Ärztezeitung, 7/2021, S. 14

Hofmarcher, M. M., Singhuber, C. (2021): Föderalismus im Gesundheitswesen: Schwächen des COVID-19 Krisenmanagements. HS&I Policy Brief, Juni 2021, Wien. http://www.healthSystemIntelligence.eu

Jobsharing ist die Möglichkeit, einen Kassenvertrag zwischen zwei Ärzten zu teilen. Ich möchte in so wenig Worten wie möglich hier festhalten, warum diese Möglichkeit jeder Ärztin und jedem Arzt bewusst sein sollte.

Grundsätzlich kann Jobsharing bei Kassenverträgen zwei mal bis zu 7 Jahre genehmigt werden.

Diese Möglichkeit gibt hauptsächlich aus zwei Gründen, mit einem großen Vorteil:

  • Jobsharing ermöglicht es, einen potentiellen Nachfolger besser kennen zu lernen und umgekehrt diesem die Möglichkeit zu geben, sich mit den Abläufen der Ordination vertraut zu machen, um sie letztendlich gleitend übernehmen zu können.
  • Jobsharing bietet aber auch die Möglichkeit, im Falle einer Rekonvaleszenz oder anderen Einschränkung Hilfe auf einfache Weise in Anspruch zu nehmen.
  • Wichtig ist: Der zweite Arzt tritt, im Unterschied zu einem Vertreter, Patienten und Versicherung gegenüber als Vertragsarzt auf.

Eine Gruppenpraxis ist der Zusammenschluss mehrerer Ärzte der gleichen Fachrichtung in einer Ordination. Als Kassenärzte verfügen über einen Vertrag mit den Krankenkassen, der die gesamte Ordination einschließt. Es muss zwar für jeden Arzt eine Stell mit Ärztekammer und Krankenkasse vereinbart werden, ein Einzelvertrag ist nicht notwendig. Die Inhaber von Gruppenpraxen können nur Ärzte sein, die die Berechtigung zur Fachausübung haben. Dadurch sind Gruppenpraxen im Unterschied zu Ambulatorien oder Instituten immer in rein ärztlicher Hand. Die Freiberuflichkeit der Ärzte bleibt dadurch erhalten. Zum Unterschied davon können sich an einem Ambulatorium auch Investoren beteiligen, sodass die arbeitenden Ärzte in ein Abhängigkeitsverhältnis kommen.

Gruppenpraxen haben den großen Vorteil, dass das Leistungsspektrum durch die Beteiligung mehrerer Ärzte erweitert werden kann. Außerdem erleichtert die Zusammenarbeit die Diagnosestellung und die Therapie von teils seltenen Erkrankungen.

Bewerber für eine Gruppenpraxis werden nach einem Punktesystem bewertet. Jeder, der mehr als 75% der Punkte des am höchsten Bewerteten nachweist, kann mit den Inhabern der Gruppenpraxis über eine Beteiligung verhandeln.

Gruppenpraxen sind keine Konkurrenz zu Einzelpraxen, sondern eine Ergänzung. In einer Großstadt wie Wien ist es oft schwierig, geeignete Räumlichkeiten (Stichwort Barrierefreiheit und unechter Umsatzsteuerbefreiung) für eine Praxis zu finden. Darüber hinaus bieten Gruppenpraxen die Möglichkeit, das Spektrum zu erweitern und durch die Zusammenarbeit Diagnose- und Therapiemöglichkeiten zu verbessern.

Ab 01. Februar soll also in ganz Österreich eine Impfpflicht eingeführt werden. Das ist auch richtig so.

Jährlich sterben in Österreich mehr Menschen an Grippe als im Autoverkehr, die Anzahl an Masererkrankungen hat sich verdreifacht – Tendenz weiterhin steigend, wenn nichts geschieht.

In vielen Ländern ist es beispielsweise nicht möglich, ohne Impfnachweis zu studieren oder eine höhere Schule zu besuchen. Ebenso wie man sich impfen muss, wenn man eine staatliche oder kommunale Anstellung will. Und niemand regt sich auf, abgesehen von den wenigen Impflobbyisten, die mittlerweile selbst auf sozialen Plattformen wie Facebook oder YouTube verbannt und gelöscht werden. Selbst dort ist Verantwortungsbewusstsein eingezogen.

Angesichts der Bedrohungen durch Infektionskrankheiten ist es demnach nur schlüssig, legitim und längst an der Zeit, eine generelle Impfpflicht einzuführen. Zunächst einmal – und zwar sofort – für alle Gesundheits- und Sozialberufe und für alle Mitarbeiter im öffentlichen Dienst, die mit Menschen zu tun haben – vom Straßenbahnfahrer bis zum Schalterbeamten.

Dasselbe gilt für die Inanspruchnahme des Mutter-Kind-Passes. Impfnachweis ist Voraussetzung für den Erhalt von Leistungen.

Das signalisiert auch der neue Gesundheitsminister.

In einem zweiten Schritt sollte dann die Impfpflicht kommen: zumindest für Kinder und Jugendliche und deren Eltern. Sonst werden wir die notwendige Durchimpfungsrate (etwa bei Masern) nie erreichen.

Sich auf Versorgungsprobleme bei Impfstoffen oder auf Recht des Individuums auf Entscheidungsfreiheit auszureden, ist zu wenig. Denn demgemäß dürfte es gar keine Verbote oder Gebote geben. Nicht einmal eine Straßenverkehrsordnung.

Denn noch immer gilt: Die Freiheit des Einzelnen hört dort auf, wo sie den anderen in Mitleidenschaft zieht. Demokratie braucht Regeln und Normen.

Wer will letztendlich verantworten, dass tausende Menschen sterben nur weil man kein entsprechendes Gesetz veranlasst hat. Diese Frage sollten sich alle handelnden und politisch entscheidenden Personen stellen.

Ein Plädoyer für den Schulsport.

Alle Jahre wieder: Kitzbühel sorgt für Rekordquoten im Fernsehen und einen Hype in den Medien. Und die Österreicher fühlen sich als Sportnation – leider nur passiv. Denn die körperliche Mobilität nimmt beständig ab: Österreichs Jugendliche liegen weit unter dem Bewegungsschnitt, den die WHO empfiehlt, die Zahl der fettleibigen und adipösen Kinder nimmt erschreckend rasch zu. Ebenso wie die Zahl der chronischen Krankheiten und Schäden bereits bei Jugendlichen: Seh- und Hörschwächen, Koordinationsprobleme, Aufmerksamkeitsdefizite, Diabetes, kaum noch reparable Haltungsschäden. Es ist dringend an der Zeit, etwas zu tun.

Die Forderung nach Schischulwochen und oder Wanderwochen wurde erst kürzlich wieder gestellt. Wir können das nur voll unterschreiben. Ebenso wie die Forderung nach der täglichen Turn -und Mobilitätsstunde und das Aufsperren der Schulsportanlagen über die Wochenenden und während der Ferien.

Österreich definiert sich zwar als Sporttourismusland und ist stolz auf seine Lifte, Schipisten, Wanderwege und Gondelbahnen. Für durchschnittliche Familien ist Wintersport kaum mehr leistbar, bei Liftkosten von 60 Euro pro Tag und Person, teurer Verpflegung und Ausrüstung. Familienfreundliche Sportgebiete gibt es viel zu wenige. Und selbst Schul-Schikurswochen für die Kinder können von vielen Eltern nicht bezahlt werden, weil die Kosten zu hoch sind.

Abgesehen davon, dass Sport auch ein Integrationsdynamo ist, sollte Bewegung in der Schule massiv gefördert werden. Ebenso wie Gesundheits- und Ernährungserziehung. Auch das ist eine langjährige Forderung nicht nur der Ärzte.

Die volkswirtschaftlichen Kosten in Folge einer zunehmend chronisch kranken Jugend sind gewaltig. Und machen ein Vielfaches dessen aus, was gezielte Förderung und Prävention jetzt kosten würden.

Es geht dabei um physische und psychisch -kognitive Mängel: Aufmerksamkeitsstörungen, zumeist durch ein Overnewsing und Abusus von sozialen Medien verursacht, werden viel zu häufig medikamentös behandelt. Das beseitigt nicht die Konzentrationsschwächen, sondern lediglich Symptome.

Die Zahl der Brillenträger hat sich in den vergangenen Jahren drastisch erhöht. Fehlsichtigkeit ist die Folge einer digitalen und bewegtbild-fokussierten Kommunikation. Der „Smartphone-Nacken“ und die „Smartphone-Daumen“-Symptome sind weit verbreitet. Hörschäden-oft nur schwer reparabel- nehmen ebenso zu. Das wiederum schränkt die Koordinationsfähigkeit der Kids ein.

Es ist Zeit, dass man etwas tut. Auch die Tourismuswirtschaft braucht junge Menschen, die schifahren oder sporteln, der Arbeitsmarkt benötigt Menschen, die körperlich und geistig fit sind. Es muss deshalb auch im Interesse der Wirtschaft liegen, mehr für Mobilität zu tun. Zum Beispiel: Breitensport sponsern satt ausschließlich Marken und Superstars.

Flächendeckende Prävention ist notwendig : das heisst genügend gut ausgebildete- und auch bezahlte- Schulärzte, begleitende Gesundheitserziehung ab der Vorschule. Und natürlich: die täglichen Mobilitätsstunden. In Ländern wie Japan, Korea oder China ist Morgensport ein Ritual-nicht nur an den Schulen, sondern auch in den Unternehmen.

Man kann auch von anderen lernen.

Über Pandemien, Ängste und Leichtfertigkeiten.

Das Coronavirus ist in allen Headlines. China hatte anfänglich sehr zurückhaltend informiert, nun aber scheint das Ausmaß der Bedrohung erkannt zu sein: Die Neujahresfeiern werden um ein paar Tage verlängert, nachdem das Virus mittlerweile in allen chinesischen Provinzen aufgetaucht ist. Fluglinien und -gäste werden streng kontrolliert. Über die Gefährlichkeit und Mutationskraft des Virus weiß man aber immer noch zu wenig.

Alle paar Jahre kommt es zu ähnlichen Vorfällen: Das war das Spektakulärste bis dahin. Abgesehen von den massenhaften Infektionskrankheiten, die Afrika immer wieder heimsuchen, wie Ebola. Gesundheitssysteme sind überfordert, die Ängste der Menschen teilweise durch mediale Hypes ins Maßlose gesteigert. Eine Angstwelle ist zumindest ebenso gefährlich wie eine Erregerwelle.

Warnen ohne zu skandalisieren oder leichtfertig Ängste zu schnüren. Geht das? Was bedeutet es, wenn beispielsweise in China knapp 100 Menschen bereits an der viralen Erkrankung gestorben sind? Das ist, wie wenn ein Flugzeug abstürzt und niemand mit dem Leben davonkommt. Kann man derartiges überhaupt vergleichen?

Und kann man Gesundheit messen? Ist ein Land gesund, in dem zwar der Nichtraucheranteil deutlich gesunken ist, ebenso wie der Alkoholkonsum, andererseits die Zahl der übergewichtigen Menschen schon bei 60 Prozent liegt und bis zu 15 Prozent der Kinder adipös und chronisch krank sind?

Es ist gesundheitsschädigend, wenn in einem Land wie Österreich eine erschreckend niedrige Durchimpfungsrate herrscht (ein Beispiel Masern) und gleichzeitig auf die Mündigkeit und Entscheidungsfreiheit der Patienten verwiesen wird?

Ist es dem Wohlempfinden und der Gesundheit des Einzelnen zuträglich, wenn zunehmend ökonomische Überzeugungen dominieren und die Freiheit der freien Berufe unterminiert wird.

Kann man tatsächlich messen – wie es der Wohlfühlindex tut – wann und wie sich Menschen als gesund und glücklich definieren?

Und wie soll man die Ängste von älteren Menschen messen, die fürchten, zu verarmen, isoliert zu werden und allein zu sterben. Im Vergleich etwa zu Deutschland ist die durchschnittliche Rente in Österreich um 40 Prozent höher. Ist das ein Maßstab?

Wie soll man messen, ob eine hohe Operationsquote (beispielsweise bei Gelenkersatz) zuträglich für das Wohlbefinden von Menschen ist, ohne mitzubedenken, dass auch ökonomische Interessen im Spiel sind.

Es ist auch ein Appell an die Medien, weniger zu dramatisieren und mehr aufzuklären. Spektakuläre Headlines tragen nicht zur Information und zur Bewusstseinsvertiefung bei. Im Gegenteil – sie schüren irrationales.

Dem gegenüber sind offizielle Gesundheitsbehörden machtlos: Sie dürfen nichts hinunterspielen, aber sie dürfen – zurecht – auch nicht dramatisieren. Und sie haben es schwer, sich im Boulevarddschungel durchzusetzen.

Reden wir weniger über Messbarkeit als das subjektive Empfinden des Menschen und das Verhältnis Arzt und Patient. Das ins rechte Lot zu bringen, ist Herausforderung genug.

Investieren solange das Geld billig ist. In gesundes Leben.

Nun haben sowohl der Bund als auch die Stadt Wien stolz verkündet, dass sie ein Budgetplus haben. Das ist lobenswert aber kein Ziel per se. Der Sozialstaat sollte andere Ziele haben: Optimale Vorsorge für alle, niedrigschwelliger Zugang zum Gesundheits- und Sozialsystem. Nachhaltige Infrastruktur ist wichtiger als kurzfristiger Ertrag.

Nachholbedarf in der Infrastruktur gibt es genügend: es genügt einen Blick in einige Wiener Krankenhäuser zu werfen oder zu sehen, wie ehemalige Vorzeigekliniken wie das AKH sukzessive an die Wand gefahren werden.

Infrastruktur in Sachen Gesundheit heißt: mehr Pflegebetten und Pflegeinstitutionen, spezifische Einrichtung in der Kinderpsychiatrie, Rehazentren, die ihren Namen auch verdienen und eine IT-Vernetzung, die den Standards von heute genügt, funktionierende Best Points of Services und vernünftig eingesetzte E-Medizin.

Das kostet kurzfristig Geld, rechnet sich in wenigen Jahren aber doppelt. Der Bund hat im Vorjahr eineinhalb Milliarden Euro mehr eingenommen als ausgegeben. Diese Summe sollte man so rasch wie möglich in Gesundheit und Medizinforschung stecken. Und in die adäquate Ausbildung und Weiterbildung von jungen Medizinern und Pflegefachkräften.

Man sollte nicht vergessen: In jeden Mediziner, der nach dem Studium ins Ausland geht, wurden mehrere Millionen Euro investiert, die verloren sind. Brain Drain kostet. Das ist zu verhindern.

Indem man die Arbeitsumfelder in Österreich attraktiviert, mehr Geld bezahlt, auf Freizeit -und Lebenskonzepte der jungen Generation Rücksicht nimmt, und den Ärzten mehr Wertschätzung entgegenbringt. Sonst werden wir dem Ressourcenmangel immer hinterherlaufen und müssen zusehen, wie ein flächendeckendes Versorgungssystem langsam erodiert.

Es nütze dann auch wenig, wenn man nach langem hin und her zusätzliche Dienstposten schafft, wenn der Arbeitsmarkt leergefegt ist. Und es immer schwieriger wird, Ärzte und Pflegekräfte aus dem Ausland abzuwerben. Österreich ist schon wegen seiner bürokratischen Hemmnisse kein besonders attraktiver Arbeitsmarkt für ausländische Spezialisten. Davon können die Universitäten heute schon ein Lied singen.

Und es nützt auch wenig, wenn man für Landärzte zwar gratis Ordinationen anbietet und vielleicht auch Zusatzhonorare, wenn es für den oder die Partnerin keine adäquate Arbeit und es zu wenige Kindergartenplätze gibt.

Deswegen muss man in Infrastruktur und Humanressourcen zugleich investieren. Beispiel Mobilität: Knapp die Hälfte der Sport- und Turnplätze an österreichischen Schulen ist nicht oder nur rumpfhaft nutzbar, jedes Jahr machen mehr öffentliche Schwimmbäder zu, weil sie nicht zu finanzieren sind, wenn man nach rein kaufmännischen Prinzipien vorgehen würde. Beispiel altersgerechtes Wohnen: es bringt wenig, permanent davon zu reden, dass Alterspflege zu Hause das humanste und beste sei, wenn man nicht Geld in die Hand nimmt, um Wohnungen alters- und mobilitätsgerecht zu bauen und attraktive Tagespflegestätten aufzubauen.

Deshalb: Mut zur Investition. Die junge Generation wird es den mutigen heutigen Politikern danken. Denn derzeit sparen wir auf ihre Kosten.