In einem Interview mit der Presse hatte unser Obmann Thomas Szekeres Gelegenheit, einige Aspekte anzusprechen, die für uns Ärztinnen und Ärzte in Wien von besonderer Bedeutung sind.

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Das österreichische Gesundheitssystem steht unter Druck. Der demografische Wandel betrifft nicht nur die Patientenseite, sondern zunehmend auch uns Ärztinnen und Ärzte. Die Babyboomer gehen in Pension, gleichzeitig rücken zu wenige nach. In vielen Fächern entstehen Engpässe, die sich durch starre Altersgrenzen zusätzlich verschärfen. Es ist daher nur folgerichtig, Kolleginnen und Kollegen, die bereit und in der Lage sind, über das gesetzliche Pensionsalter hinaus zu arbeiten, diese Möglichkeit auch zu geben. Freiwillig, ohne Druck, aber mit klarem gesetzlichem Rahmen.

In manchen Fächern – etwa der Kinderheilkunde – sehen wir bereits, dass Ausnahmen gemacht werden, weil schlicht niemand nachkommt. Das zeigt, dass es ohnehin keine starren Regeln geben kann, sondern eine flexible Handhabung notwendig ist. Dabei geht es nicht darum, Jüngeren Chancen zu verwehren. Es geht vielmehr darum, Versorgung sicherzustellen, wo keine Bewerber:innen vorhanden sind. Und es geht um das Erfahrungswissen von Expert:innen, welches man nicht einfach mit dem Vermerk „pensioniert“ verliert.

Gleichzeitig erleben wir eine strukturelle Schwäche im Personalmanagement vieler Spitalsträger. Immer wieder wird es verabsäumt, rechtzeitig auf absehbare Abgänge zu reagieren. Statt mit Weitblick zu handeln, wird gewartet, bis eine Kollegin oder ein Kollege tatsächlich in Pension, in Karenz oder in den Mutterschutz geht – und erst dann wird die Stelle freigegeben. Besonders absurd ist, dass im Mutterschutz für mehrere Wochen der Posten offiziell noch als besetzt gilt, obwohl die Kollegin längst nicht mehr im Dienst ist. Das führt zu Leerläufen und verzögerten Nachbesetzungen – mit direkten Auswirkungen auf die Arbeitsbelastung der verbleibenden Teams und auf die Versorgungsqualität.

Wir müssen uns auch ehrlich eingestehen, dass eine wachsende, älter werdende Bevölkerung nicht mit einem Sparkurs in der Gesundheitsversorgung zu bewältigen ist. Zwar blieb in der Budgetrede des Finanzministers ein massiver Kahlschlag im Gesundheitsbereich aus – das ist positiv. Doch gleichzeitig fehlen dringend nötige Investitionen. Es reicht nicht, sich auf dem aktuellen Niveau auszuruhen. Wenn Österreich wächst und altert, steigen auch die Anforderungen an das System. Die Sozialversicherung kann das nicht allein auffangen – insbesondere, wenn sie Aufgaben übernehmen muss, die nicht zum Kernbereich gehören.

Mehr Menschen, längere Lebenserwartung, steigender Behandlungsbedarf – all das sind Realitäten. Und sie verlangen nach politischen Antworten. Nicht nach vertröstenden Parolen, sondern nach konkreten Maßnahmen, damit wir Ärztinnen und Ärzte unsere Arbeit gut, sinnvoll und im Interesse unserer Patient:innen leisten können. Dazu gehört eben auch, dass jene die bereit sind über 65 hinaus Verantwortung zu tragen es ohne Hürden tun dürfen.