Die nun beschlossenen Pensionserhöhungen aus dem Wohlfahrtsfonds von 3% sind in Anbetracht der derzeitigen Inflation eher einem Verlust gleichzusetzen.
Durch unseren Antrag ist also eine weitere Erhöhung der Pensionen nun weiterhin möglich, sodass nach Abschluss der Honorar- und Gehaltsverhandlungen eine Neuberechnung der möglichen Höhe erfolgen und im Verwaltungsausschuss beschlossen werden kann.
Die Ärztekammer bezieht als Standes- und Interessenvertretung von allen Ärztinnen und Ärzten monatliche Fixbeiträge im Sinne der Kammerumlage. Mit diesen Beiträgen wird ein Großteil der Ausgaben gedeckt. Da es sich für alle Ärztinnen und Ärzte um Pflichtbeiträge handelt, sollte im Sinne einer größtmöglichen Transparenz ein Fragerecht für eben alle diese einzahlenden Mitglieder bestehen.
Da insbesondere die Gesundheitsberufe, allen voran die Ärztinnen und Ärzte in vergangenen zwei Jahren Pandemie besonders gefordert waren – Arbeiten unter besonderen Schutzmaßnahmen an infektiösen Patient:innen, während viele andere Berufsgruppen im Lockdown oder Homeoffice waren – wäre ein Reallohnverlust für diese Berufsgruppen schon gar nicht nachvollziehbar.
Meinen ersten Kontakt mit der Ärztekammer hatte ich, wie viele andere auch, im Zuge meines Eintrags in die Ärzt:innenliste. Ich war motiviert, mich etwas intensiver mit der Organisation, in der ich nun Mitglied bin, auseinanderzusetzen. Leider habe ich aber schnell festgestellt, dass es für mich, trotz regen Interesses, äußerst schwierig war, nützliche Informationen beziehungsweise ein Basiswissen zu Struktur und Funktion der Ärztekammer sowie zum Wohlfahrtsfonds zu bekommen.
Informationen zum Aufbau der Ärztekammer, konkret dass diese aus zwei verschiedenen Kurien – jene der angestellten sowie jene der niedergelassenen Ärzt:innen – besteht, welche sich noch einmal in jeweils zwei weitere Sektionen unterteilen, findet man rasch auf der Homepage. Gleiches gilt für die Existenz einer Vollversammlung sowie eines Präsidiums, eines Präsidenten sowie eines Vorstands. Was die Ärztekammer im Konkreten für mich und meine Kolleg:innen tut und woran gerade gearbeitet wird, war für mich jedoch schwer herauszufinden.
So gibt es in der Ärztekammer beispielsweise über 75 verschiedene Referate – vom Referat für medizinische Fortbildung über das Referat für Schulärzt:innen bis hin zum Referat für Umweltmedizin. All diese Gremien treffen sich zu Sitzungen und arbeiten an diversen für uns wichtigen Themen. Durch die Veröffentlichung der Tätigkeitsberichte auf der Homepage der Ärztekammer wurde unter Präsident Thomas Szekeres ein wichtiger Schritt in Richtung Transparenz gesetzt. Jedoch bleiben Protokolle zur Teilnahme an Sitzungen sowie zum Abstimmungsverhalten weiter unveröffentlicht. Das ist schade, zumal gerade eine Organisation, deren Mitgliedschaft verpflichtend ist, besonders in der Pflicht stehen sollte, ihre Mitglieder über sämtliche Tätigkeiten möglichst umfassend zu informieren. Da für die Arbeit, die die Kolleg:innen in all diesen verschiedenen Gremien erledigen, auch Geld ausbezahlt wird, wäre es wichtig, sowohl den Outcome der Arbeit als auch die dafür nötigen Aufwendungen so transparent wie möglich zu gestalten.
Spricht man erfahrenere Kolleg:innen auf den Wohlfahrtsfonds an, hört man sowohl: „Um Gottes Willen, lass mich damit bloß in Ruhe!“, als auch „wenn du den Wohlfahrtsfonds verstehen würdest, würdest du sogar Punkte nachkaufen, weil das wirklich eine gute Sache ist.“ Leider habe ich das Gefühl, dass dieses komplexe Thema von alleine schwierig zu verstehen ist. So bin ich, wie wahrscheinlich viele andere Kolleg:innen auch, nach einigen Monaten erst einmal ratlos vor dem gelben Zettel gesessen, der meine Bezüge von vor drei Jahren wissen wollte. Die Serie zur Erklärung des Wohlfahrtsfond in „Doktor in Wien“ auf die mich unser Präsident dann hingewiesen hat, hat vieles erklärt. Information in dieser Form sollte regelmäßiger veröffentlicht und leichter zu finden sein.
Dass der Wohlfahrtsfonds nicht nur eine Pensionszusatzversicherung darstellt, sondern viele andere Leistungen (Invaliditäts-, Witwer-, Witwen- und Waisenversorgung sowie Partusgeld, Kinderunterstützung und Krankenunterstützung) bietet, und was das für mich langfristig bedeutet, wurde mir durch den kleinen Flyer, der mir nach meiner Eintragung überreicht worden war, leider auch nicht bewusst. Diesen Flyer würden wir in Zukunft also gerne überarbeiten und vervollständigen. Noch besser wäre freilich die Digitalisierung dieser Information bis hin zu einer App, die alle Fragen beantwortet und in der man die Daten der Vorjahre melden und die jeweiligen derzeitigen Ansprüche auch sehen kann.
Wir leben in einem Zeitalter, in welchem Informationen schnell und einfach zugänglich gemacht werden können. Gerade eine Organisation wie die Ärztekammer hat enormes Potenzial, ihren Mitgliedern durch Digitalisierung und Transparenz ein noch viel inklusiveres und besser auf sie zugeschnittenes Angebot zu liefern. Niemand, der etwas leistet, muss sich für seine Leistung verstecken. Wir alle können von einem Mehr an Information nur profitieren. Schließlich leben Organisationen gerade von der Partizipation und dem Interesse ihrer Mitglieder. Genau das können wir in den kommenden Jahren umsetzen und erreichen, wenn wir uns vornehmen, die Mitglieder von Anfang an über Struktur, Angebote und Arbeitsweise der Ärztekammer noch ausführlicher und transparenter zu informieren.
Wir vom Team Szekeres sind jedenfalls bereit dafür.
Angesichts des bereits jetzt drohenden Mangels an Hausärzt:innen fragen wir uns, warum die Ausbildung der Jungmediziner:innen immer noch vernachlässigt wird. Nach einem Jahr Turnusärzt:innen-Vertretung und fast am Ende unserer Ausbildung angekommen, möchten wir sowohl unsere eigenen als auch die Erfahrungen unserer Kolleg:innen Revue passieren lassen. Wir konzentrieren uns in diesem Artikel auf die derzeitige Situation der Turnusärzt:innen in der Basisausbildung und der Allgemeinmedizinausbildung in Wien.
Der harte Anfang
Topmotiviert vom KPJ und mit viel theoretischem Wissen ausgestattet, startet das Gros der Medizinabsolvent:innen mit dem Turnus. Schon bei der ersten Morgenbesprechung wird ihnen die strenge Hierarchie, die im Krankenhaus herrscht, vor Augen geführt. Am Besprechungstisch sitzen nur Oberärzt:innen und Assistenzärzt:innen. Die Turnusärzt:innen quetschen sich in die hinterste Reihe, und Neuzugänge werden oft nicht einmal begrüßt.
Spätestens bei der Dienstplaneinteilung wird den Turnusärzt:innen klar, dass sie die Letzten in der Nahrungskette sind. An vielen Abteilungen suchen sich zuerst die Assistenzärzt:innen ihre Dienste aus, die Turnusärzt:innen übernehmen die übrig gebliebenen Tage (meist die Wochenenden). Komplett neu in der Arbeitswelt, traut sich kaum jemand zu widersprechen. Einige Rotationen später wird den meisten Jungmediziner:innen bewusst, dass sie hart für ihre Rechte kämpfen müssen, um im Krankenhausalltag zu bestehen.
Keine Zeit für adäquate Ausbildung
Die Einschulung an einer neuen Station wird quasi nie von Mitarbeiter:innen innerhalb der Abteilung durchgeführt, sondern in der Regel von anderen Turnusärzt:innen, die oft selbst nur einen Monat mehr an Erfahrung in dem jeweiligen Fach aufweisen. An manchen Abteilungen gibt es überhaupt keine Einschulung, und es wird von Tag eins an erwartet, als vollwertige Arbeitskraft einsetzbar zu sein.
Hinzu kommt, dass oftmals der halbe Tag mit Tätigkeiten zugebracht wird, die nur wenig zur medizinischen Ausbildung beitragen. So sind in der Früh die Blutabnahmen und Venflons, die „die Pflege nicht geschafft hat“ zu erledigen. Anschließend werden die Entlassungsbriefe diktiert. Während der Visite sind Turnusärzt:innen fast ausschließlich für administrative Tätigkeiten zuständig, für die sie sicher nicht sechs Jahre lang Medizin studieren müssten. Dazu zählen telefonische und schriftliche Anmeldungen von Untersuchungen, Schreiben von Konsilen und Aufklärungen über MRTs und CTs. So vergeht die Zeit bis 13 Uhr oft ohne tatsächlich ärztlich tätig gewesen zu sein.
Nervös durch die Nacht
Häufig absolvieren Turnusärzt:innen aufgrund von Personalknappheit gleich zu Beginn ihrer Tätigkeit an der neuen Abteilung den ersten Nachtdienst. Eine Einschulungszeit fehlt dann gänzlich. Im Gegensatz zum geistig eher wenig herausfordernden Vormittag wird im Dienst von den angehenden Allgemeinmediziner:innen erwartet, Notfälle auf der Station oder in der Ambulanz mit dem Know-how einer erfahrenen Assistenzärzt:in zu behandeln, ohne jemals dafür ausgebildet worden zu sein. Patient:innen, die in der Nacht ins Krankenhaus kommen, erwartet dann in den Fachambulanzen statt einem Facharzt oder einer Fachärztin oft ein überforderter Turnusarzt oder eine überforderte Turnusärztin. Hilfe der zuständigen Oberärzt:innen sollte möglichst keine in Anspruch genommen werden. Wagen es die Jungärzt:innen doch, deren Nachtruhe zu stören, werden sie nicht selten gemaßregelt und müssen sich rechtfertigen.
Und alle drei Monate grüßt das Murmeltier
Am Ende einer Rotation haben es die meisten Kolleg:innen trotz dieser widrigen Bedingungen geschafft, sich selbst die notwendigen Skills anzueignen. Ein Gefühl der Teamzugehörigkeit entsteht, die Namen der Ärzt:innen und Pflege sind geläufig, und ein bevorstehender Nachtdienst verursacht keine Panik mehr.
Doch kaum haben Turnusärzt:innen während ihrer Ausbildung einmal diesen Punkt erreicht, geht das Spiel erneut von vorne los. Neue Abteilung, neue Kolleg:innen, neue Regeln. Somit sind angehende Allgemeinmediziner:innen für die Dauer ihrer gesamten Ausbildung nie wirklich Teil eines Teams, leisten aber essenzielle Arbeit, ohne die das System zusammenbrechen würde. Mit jedem Abteilungswechsel müssen sie sich neu anpassen und beweisen. Wertschätzung bekommen sie dafür nur selten, gleichzeitig ist dieser Alltag äußerst zermürbend.
Es gibt Lichtblicke
Zum Glück können auch positive Beispiele genannt werden. Hierbei handelt es sich um Abteilungen, bei denen Turnusärzt:innen länger bleiben oder nicht weiterrotieren wollen, weil sie dort viel lernen: Oberärzt:innen, die um Mitternacht komplexe internistische Fälle besprechen, Primari:ae, die tatsächlich Einführungs- und Abschlussgespräche führen und auch die Ausbildungsärzt:innen namentlich kennen, Assistenzärzt:innen, die regelmäßige Fortbildungen halten, Ambulanzdienste mit guter Supervision und Dienstplanverantwortliche, die Rücksicht auf (Urlaubs-)Wünsche nehmen. Leider stellen diese Abteilungen und Ärzt:innen die Ausnahme und nicht die Regel dar.
Unser Dank gilt an dieser Stelle all jenen, die uns auf unserem Weg den Rücken gestärkt und fachlich ausgebildet haben. Sie haben es durch ihr Handeln (menschlich und fachlich) geschafft, zu echten Vorbildern für uns zu werden.
Fazit
Aufgrund der oben genannten Missstände wird der Turnus in Wien für Medizinabsolvent:innen immer unattraktiver. Viele unserer Kolleginnen weichen ins Ausland oder in andere Bundesländer aus. Um die Allgemeinmedizin aufzuwerten, muss vor allem bei der Ausbildung angesetzt werden. Hier herrscht unserer Meinung nach dringender Handlungsbedarf.
Unsere Forderungen
– Ein:e Mentor:in an jeder Abteilung, der:die nicht nur am Papier jederzeit für Fragen und Probleme zur Verfügung steht
– Sinnvolle Gestaltung des Logbuchs mit realistischen Lernzielen
– Ein Ausbildungskonzept und eine:n Ausbildungsbeauftragte:n, der:die neue Turnusärzt:innen in den ersten Tagen einschult
– Ausreichende fachliche und zeitliche Vorbereitung auf den ersten Nachtdienst
– Konsequente Vidierung von Patient:innen, die in der Ambulanz gesehen werden
– Regelmäßige abteilungsinterne Fortbildungen speziell für Turnusärzt:innen
– Eigene Patient:innen-Führung (Visite) unter Supervision
– Stationssekretär:innen zur Reduktion der administrativen Arbeit
– Reevaluation von in der Vergangenheit reduzierten Diensträdern
– Maximal 60 Betten pro Turnusärzt:in im Dienst
– Vorausschauende Urlaubsplanung (hausübergreifend)
– Springerdienste.
Berichtende Ärztinnen: Marlene Sachs und Nina Böck (vormals Matyas)
Die andauernde psychische Belastung durch die Corona-Pandemie geht an Patient:innen und Ärzt:innen nicht spurlos vorbei. Laut einer aktuellen Publikation in „The Lancet Psychiatry“ litt nahezu ein Viertel (23.9 %) der an Covid-19 erkrankten Patient:innen innerhalb eines halben Jahres an einer Angststörung, affektiven oder psychotischen Störung – in 8,2 % der Fälle als Erstdiagnose.
Den steigenden Patient:innenzahlen steht ein sukzessiver Personalmangel entgegen – seit Jahren fehlt es an Fachärzt:innen und Ärzt:innen in FA-Ausbildung. Diese absehbare Entwicklung kulminiert in der aktuellen Mangelversorgung, die insbesondere im Bereich der Kinder- und Jugendpsychiatrie, der Versorgung der Jüngsten unserer Gesellschaft, eklatante Ausmaße und für Patient:innen und Ärzt:innen unzumutbare Zustände annimmt. Es wurden bereits Gefährdungs- und Überlastungsanzeigen eingebracht, Wartezeiten für Behandlungen ohne „akute Gefährdung“ steigen oder werden gänzlich in den niedergelassenen Bereich abgeschoben, beträchtliche Pensionierungswellen von Psychiater:innen stehen bevor, und durch den massiven FÄ-Mangel ist es den Ausbildungsverantwortlichen erheblich erschwert die erforderlichen Ausbildungsbedingungen zu gewährleisten.
Systemischer Mangel trotz Mangelfachverordnung
Die Fächer „Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin“ und „Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapeutische Medizin“ sind bereits 2015 durch das Gesundheitsministerium zu „Mangelfächern“ erklärt worden. Im aktuellen Rechnungshofbericht zur Ärzteausbildung (Dezember 2021) werden abermals die erhebliche Unterversorgung und die zu geringe Anzahl an psychiatrischen Fachärzt:innen beschrieben. Trotz der offenkundigen Missstände konnten laut RH-Überprüfung seit Inkrafttreten der Mangelfachverordnung österreichweit (!) nur 30 zusätzliche Ärzt:innen (7.7 %) überzeugt werden, die Ausbildung in den beiden Mangelfächern zu beginnen.
Folglich drängt der Rechnungshof, bei unzulänglichen Ausbildungskapazitäten „Maßnahmen für eine wirksame, bedarfsorientierte Nachwuchssteuerung zu erarbeiten“.
Entgegen der Zielsetzung sehen sich Ärzt:innen in psychiatrisch-fachärztlicher Ausbildung mit äußerst unattraktiven Arbeits- und Ausbildungsbedingungen konfrontiert!
Neben der psychiatrischen Ausbildung ist die psychotherapeutisch-medizinische Ausbildung eine fundamentale Säule des fachärztlichen Kompetenzerwerbs und unerlässlich für die ärztliche Betreuung psychiatrischer Patient:innen. Entsprechend der Ärzteausbildungsordnung sind eine fundierte theoretische und vertiefend-praktische Ausbildung in psychotherapeutischer Medizin Pflichtbestandteile der Fachärzt:innenausbildung. Eben diese Pflichtbestandteile (!) der Ausbildung werden jedoch nicht als Dienstzeit gerechnet, um auf supranationaler Ebene erstrittene Höchstgrenzen der Arbeitszeit zu umgehen, und müssen häufig an Wochenenden und Abenden in der Freizeit geleistet werden.
Fachärzt:innen, die den dringenden Personalmangel an den psychiatrischen Abteilungen ausgleichen sollen, müssen zuvor hunderte Arbeitsstunden – zumindest 590 Ausbildungseinheiten und 125 Stunden psychotherapeutisch-medizinischer Patient:innenführung unter Supervision, samt detaillierter Dokumentation und Fallvorstellungen – unentgeltlich leisten. Lediglich 80 Ausbildungseinheiten und Dienststunden werden für Auszubildende an psychiatrischen Abteilungen des Wiener Gesundheitsverbundes regulär finanziert.
Zusätzlich zu dem zeitlichen Aufwand müssen die Kosten für Vortragende, Supervidierende sowie deren Organisation (in Höhe von meist > 15 000 €/ Ärzt:in) durch die Auszubildenden selbst getragen werden, und es gibt nur mangelhafte Kompensationskonzepte. Somit werden die als Ausbildungsstätten anerkannten Wiener Spitäler ihrer Verpflichtung zur Gewährleistung der fachlichen Erfordernisse nicht gerecht!
Wir stellen klar: Ausbildungszeit ist Dienstzeit!
Wir fordern die umgehende sowie vollständige Anrechnung der verpflichtend zu absolvierenden Ausbildungszeiten als Dienstzeit!
Um zusätzliche Ärzt:innen für die Ausbildung in den Mangelfächern „Psychiatrie und Psychotherapeutische Medizin“ und „Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapeutische Medizin“ zu gewinnen, sind eine bessere Finanzierung der Ausbildung, eine Mangelfachzulage für Ärzt:innen in Ausbildung und Fachärzt:innen sowie flexiblere, familienfreundliche Arbeitszeitmodelle erforderlich!
In den letzten Jahren hat sich klar gezeigt, dass es im Rahmen der Bemühungen zur Geschlechtergleichstellung einer tiefergehenden Veränderung eines traditionell gewachsenen weiblichen Rollenbilds bedarf.
So ist es nicht ausreichend, Führungspositionen für Frauen bloß zugänglich zu machen. Vielmehr bedarf es einer aktiven Begleitung und Unterstützung bei der Entwicklung eines Selbstverständnisses sowie eines neuen zeitgemäßen Rollenbilds, um die Bereitschaft von Frauen, sich in verantwortungsvollen Funktionen zu engagieren, zu heben.
Auf Initiative des Referats für Gender Mainstreaming und Diversity Management rief die Wiener Ärztekammer im Herbst 2020 als diesbezügliches Pilotprojekt ein Mentoringprogramm ins Leben.
Dieses setzt drei Schwerpunkte:
- Den Kern des Mentorings bildet eine individuelle, zielgerichtete Patenschaft zwischen Mentorin und Mentee. Als Mentorin fungiert dabei eine berufserfahrene Ärztin in gehobener Position, die über einen festgelegten Zeitraum gezielt die Entwicklung einer Nachwuchskraft unterstützt und fördert.
- Die Mentees, junge Ärztinnen, entwickeln und stärken in Workshops und Einzelcoachings ihre persönlichen Kompetenzen und erarbeiten ein zeitgemäßes Rollenbild.
- Netzwerken als Karriereförderung: Wie Erfahrungen in anderen Bereichen gezeigt haben, sehen Frauen den Nutzen von Netzwerken mehr auf privater Ebene als im beruflichen Kontext. Ziel ist es also, den Nutzen männlich dominierter Netzwerke in solche mit entsprechender Beteiligung von Frauen zu integrieren.
Das gegenständliche Pilotprojekt ist auf ein Jahr befristet und wird nach Abschluss evaluiert.
Das Team Szekeres wird sich dafür einsetzen, dass Mentoring für Frauen auch nach der Ärztekammerwahl 2022 in zielgerichteten Projekten fortgeführt und ausgebaut wird. Wir betrachten dies als einen fundamentalen Baustein, der es ermöglicht, junge Ärztinnen im Beruf zu halten und somit dem demografischen Wandel in unserem Berufsstand entgegenzuwirken.
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Was soll junge Kolleg:innen, die den Weg in die Selbständigkeit erwägen, derzeit motivieren, sich für die Eröffnung einer Kassenordination zu entscheiden? Bis auf Zyniker wird wohl niemand auf die Idee kommen, an dieser Stelle die finanziellen Vorzüge und Möglichkeiten ins Treffen zu führen. Die einschlägigen Tarife haben sich in den letzten Jahrzehnten keineswegs zum Besseren verändert, vielmehr kann hier eine Geringschätzung ärztlicher Tätigkeit verortet werden – ein Umstand, der ob des vorherrschenden Mangels an Kassenärzt:innen gleichermaßen unbegreifbar wie unerträglich ist.
Der zentrale Punkt dieser Problematik ist ein äußerst tiefgreifender. Die Geldgeber haben ein fragwürdiges Umverteilungssystem etabliert, mit dem es regelmäßig gelingt, die Ärzt:innenschaft zu entzweien. Sowohl Gesundheitspolitiker:innen als auch Kassen suggerieren, es gäbe nur einen begrenzten Topf, der für die Ärzt:innenschaft zur Verfügung steht. Würde man einer Sparte mehr zugestehen, müsste wiederum eine andere auf Geld verzichten. So wird nicht nur eine angemessene Bezahlung verhindert, sondern auch Spaltung betrieben. Insbesondere werden dadurch gegenseitige Solidarität und ein gemeinsames Auftreten der Ärzt:innenschaft hintangehalten.
Von Dämpfungspfaden und fragwürdigen Behauptungen
Immer wieder fällt in diesem Zusammenhang auch der Terminus „Dämpfungspfade“. Man müsse die Zukunft so gestalten, dass die Ausgaben gedämpft werden. Im Klartext bedeutet dies, dass die Versicherung nicht mehr Geld für ihre Versicherten ausgeben will. Es wird nicht verhandelt, wieviel eine Ärztin bzw. ein Arzt für eine spezielle Tätigkeit bzw. Untersuchung bekommen soll, sondern stets das Gesamte. Ist damit zu rechnen, dass eine Untersuchung in Zukunft öfter durchzuführen ist, wird der Wert dieser Position mit der zu erwartenden Frequenzsteigerung korreliert. Das führt wiederum dazu, dass die einzelne Ärztin bzw. der einzelne Arzt für diese Untersuchung nicht mehr Geld bekommt, weil argumentiert wird, dass diese Position in der Gesamtheit, allein durch die gesteigerte Anzahl an Patient:innen, für die Versicherung teurer wird. Dass sich die betroffenen Kolleg:innen davon nichts kaufen können, liegt auf der Hand.
Nicht zuletzt wird immer wieder beklagt, es würden schlichtweg die für wichtige Erhöhungen, bzw. konkret auch eine Attraktivierung des Kassenärzt:innenberufs benötigten, finanziellen Mittel fehlen. Hierbei handelt es sich um eine Behauptung, die nicht zuletzt vor dem Hintergrund einer Impflotterie, für die plötzlich eine Milliarde Euro ausgeschüttet werden kann, nicht einmal ansatzweise haltbar ist.
Wie die Kassen Geld anhäufen
Neben seltsamen Entblößungen dieser Art existieren jedoch unzählige weitere Anknüpfungspunkte, die der Argumentation der fehlenden Gelder den Boden entziehen. So ist unstrittig, dass Wahlärzt:innen dem System helfen, Unmengen an Kosten einzusparen. So bezahlen Patient:innen in der Privatmedizin ihre Versicherungen selbst und erhalten nur einen Bruchteil der Kosten, die den Kassen bei einer entsprechenden Behandlung erwachsen würden, refundiert. Nicht zuletzt verzichten viele der Patient:innen aus Gründen des Komforts zudem gänzlich auf die Rückerstattung des Kassentarifs. Hinzu kommt, dass der Entfall von Wartezeiten mehr Patient:innen zu Behandlungen motiviert, wodurch wichtige Präventionsarbeit geleistet wird. Ein Umstand, der dem System wiederum beim Sparen hilft. Das solcherart lukrierte Geld verbleibt bei den Krankenkassen. Diese dürfen sich über Gewinne gleichermaßen wie über stattliche Zuschüsse freuen.
Das Team Szekeres stellt fest, dass mit dem herrschenden Prinzip der Umverteilung ein Ausbrechen aus der Abwärtsspirale verunmöglicht wird. Um in Zukunft eine adäquate Versorgung mit Kassenärzt:innen gewährleisten zu können, werden sich Gesundheitspolitik und Kassen stark bewegen müssen. Jungen Ärzt:innen müssen wieder konkrete Perspektiven aufgezeigt werden, die eine Entscheidung pro Kassenordination ermöglichen.
Es braucht dringend eine Aufwertung
Als niederschwellige Ansprechpartner:innen, stets verfügbare Anlaufstelle für Patient:innen, Berater:innen in Sachen Prävention und Therapie sowie kompetente und gut erreichbare Anlaufstation für Gesundwerdung und Gesunderhaltung erfüllen Kassenärzt:innen eine unschätzbar wertvolle Funktion in unserer Gesellschaft. Die demographischen Daten, die Veränderungen in der Bevölkerungsstruktur, aber auch die Art und Weise der medizinischen Behandlung von Patient:innen, welche sich als zunehmend komplex erweist, muss sich endlich auch in der Tarifentwicklung niederschlagen. Nicht zuletzt müssen Ärzt:innen als Berater:innen angesehen werden.
Der konkret in Planung befindliche Facharzt für Allgemeinmedizin und die daraus resultierende dringend erwartete Aufwertung des niedergelassenen Allgemeinmediziners, ausgestattet mit mehr fachlicher Kompetenz und mehr verrechenbaren Positionen, muss sich im Tarifkatalog abbilden lassen.
Sämtliche der hier aufgezeigten Umstände unterstreichen, dass das nicht zielführende System des Umverteilens endlich beendet werden muss. Der Versorgungsauftrag der Versicherungen muss wieder ernstgenommen und der Kuchen größer werden.
Als sehr unbefriedigend und in höchstem Maße ineffizient stellt sich recht häufig die Arbeitssituation an Wochenenden in den Notfallambulanzen dar. Ordinationen und Privatkliniken haben geschlossen, die wichtige Aufgabe der Akutversorgung fällt bekanntlich den Häusern des Wiener Gesundheitsverbunds zu. Mitunter kann es sogar vorkommen, dass ein Spital alle Patientinnen und Patienten in Wien unfallchirurgisch versorgen muss. Da ist es der Sache alles andere als dienlich, dass die sehr häufigen Rettungszufahrten in der Regel nur unzureichend gelenkt werden.
Ferner kommt es in der Praxis häufig vor, dass Patientinnen und Patienten mit akut auftretenden Beschwerden, die zuvor nicht mit einem Hausarzt abgeklärt wurden, die Notfallambulanz aufsuchen. Man muss aufgrund der einschlägigen Erfahrungen nicht einmal überspitzt formulieren, um festzustellen, dass die Notfallversorgung mitunter auch mit Problemstellungen wie beispielsweise einem seit drei Wochen eingewachsenen Zehennagel befasst wird. An dieser Stelle findet keine Lenkung statt, der Strom an Patientinnen und Patienten gelangt hier ungefiltert – mit allen Konsequenzen für das Personal – in die Aufnahme. Auf diese Weise wird nicht selten eine Kollegin bzw. ein Kollege um Mitternacht zur Vornahme einer Behandlung angerufen.
Das Team Szekeres spricht sich deshalb für eine bessere Lenkung im Sinne einer funktionierenden Notaufnahme aus. Konkret muss sichergestellt werden, dass ärztliches Personal nur konsultiert wird, wenn eine entsprechende Notfallsituation indiziert ist. Es ist in höchstem Maße ineffizient und wohl auch finanziell nicht argumentierbar, wenn Patientinnen und Patienten zu jeder Tages- und Nachtzeit direkt eine Spezialistin bzw. einen Spezialisten konsultieren können, ohne zuvor eine andere Ärztin bzw. einen anderen Arzt aufgesucht zu haben. Hier bedarf es unserer Ansicht nach einer effizienteren Handhabung im Sinne einer gewissenhaften und professionellen Vorauswahl, bevor das breite Spektrum einer Notfallambulanz hochgefahren wird. Den Luxus einer 24-Stunden-Versorgung für Belange, die normalerweise durch die Hausärztin bzw. den Hausarzt abgeklärt werden können, kann sich selbst das beste Gesundheitssystem der Welt nicht leisten – schon gar nicht, wenn es über kurz oder lang eine Abwanderung von Fachpersonal aus den betroffenen Häusern verhindern möchte.
Verbesserungsmöglichkeiten für die Lehrpraxis
Auch wenn die Einführung einer verpflichtenden Lehrpraxis im Rahmen der Ärzt:innenausbildungsordnung 2015 (ÄAO 2015) zweifellos einen Meilenstein in der Verbesserung der Ausbildung zukünftiger Allgemeinmediziner:innen markierte, können beträchtliche Problemfelder nicht von der Hand gewiesen werden. Im Folgenden zeigen wir in Form eines praxisnahen FAQs konkrete Verbesserungsmöglichkeiten auf.
1. Muss ich als Wiener:in meine Lehrpraxis in Wien absolvieren?
Zu dieser Fragestellung kann ich aus persönlicher Erfahrung berichten. Meine Großmutter besitzt ein Sommerhaus in einem kleinen Ort in Niederösterreich. Die medizinische Versorgung in dieser Gegend ist seit jeher äußerst dürftig. Vor ein paar Jahren haben schließlich zwei Allgemeinmediziner:innen im Nachbardorf eine tolle Gruppenpraxis mit Hausapotheke eröffnet. Das nächste Krankenhaus ist mehr als eine halbe Stunde Autofahrt entfernt, weshalb in dieser Ordination viele Patient:innen behandelt werden, die in Wien direkt in der Notfallambulanz landen.
Als angehende Allgemeinmedizinerin hätte ich nur zu gerne eine Lehrpraxis in dieser Ordination absolviert. Da es nur wenige Lehrpraktikant:innen in diese abgeschiedene Gegend verschlägt, hätte mich der Praxisleiter auch sofort eingestellt. Allerdings gab es dabei ein Problem: Ich habe meinen Turnus in Wien absolviert, weshalb es nicht möglich ist, eine geförderte Lehrpraxis in Niederösterreich zu bekommen. Voraussetzung für die Förderung der Lehrpraxis in Niederösterreich ist eine Anstellung in einem niederösterreichischen Krankenhaus. Umgekehrt ist es jedoch Personen, die den Turnus in Niederösterreich absolviert haben, problemlos möglich, die Lehrpraxis in Wien zu machen.
Vor allem vor dem Hintergrund des schon jetzt drohenden Mangels an Allgemeinmediziner:innen speziell im ländlichen Bereich ist diese Regelung völlig unverständlich.
Das Ziel des Team Szekeres ist die Schaffung einer bundesländerübergreifenden Möglichkeit der Lehrpraxis.
2. Mit welchen Gehaltseinbußen muss ich rechnen?
Derzeit verlieren Ausbildungsärzt:innen, die ihren Turnus in einem Krankenhaus des Wiener Gesundheitsverbunds (WiGeV) absolviert haben, mit Antritt der Lehrpraxis zirka 40 Prozent ihres ursprünglichen Gehalts. Gründe dafür sind der Wegfall der Nacht- und Wochenenddienste im Krankenhaus sowie die meist auf 30 Stunden reduzierte Wochenarbeitszeit. Für nicht wenige der Betroffenen führt dies zu einer finanziell äußerst schwierigen Situation. Deshalb ist es für Ausbildungsärzt:innen in fast allen Bundesländern möglich, während der Lehrpraxis weiterhin im Ausbildungsspital angestellt zu sein und Dienste zu absolvieren. Der WiGeV erlaubt dies derzeit leider nicht.
Es muss daher dringend auch im Bereich des WiGeV ermöglicht werden, Dienste während der Lehrpraxis zu absolvieren.
3. Wann darf ich die Lehrpraxis machen?
Derzeit darf die Lehrpraxis für Allgemeinmedizin ausschließlich am Ende des Turnus absolviert werden. Als Argument dafür wird die „Erfahrung der Ausbildungsärzt:innen“ angeführt. Leider führt dies auch oftmals dazu, dass Lehrpraktikant:innen als billige Arbeitskräfte angesehen und in vielen Ordinationen kaum vidiert werden. Für die Ausbildungsärzt:innen geht auf diese Weise jegliche Flexibilität zur Gestaltung der eigenen Ausbildung verloren.
Weiters denken wir, dass die Möglichkeit, bereits nach der Basisausbildung in die Lehrpraxis zu wechseln, die Anzahl der Personen, die sich für Allgemeinmedizin entscheiden, erhöhen könnte. Die administrativen Tätigkeiten von Turnusärzt:innen im Krankenhaus haben wenig mit der späteren Tätigkeit von Allgemeinmediziner:innen zu tun. Erkennt man gleich zu Beginn der Ausbildung, worauf es in der Ordination ankommt, können während der Ausbildung im Krankenhaus gezielt Lücken geschlossen werden.
Ziel des Team Szekeres ist es daher, die Lehrpraxis nach abgeschlossener Basisausbildung wieder zu jedem Zeitpunkt der Ausbildung zu ermöglichen.
4. Darf ich in anderen Fächern eine Lehrpraxis absolvieren?
Derzeit darf in der Fachärzt:innenausbildung erst nach der Sonderfach-Grundausbildung, sprich nach drei Jahren Ausbildung, eine Lehrpraxis absolviert werden. Weiters gibt es im Rahmen der Fachärzt:innenausbildung keine Förderung der Lehrpraxis. Für viele Assistenzärzt:innen ist es sehr attraktiv, einen Teil der Ausbildung im niedergelassenen Bereich zu absolvieren, da es dort ein 1:1-Mentoring gibt. So könnte zum Beispiel in der Pädiatrie sehr viel Sicherheit für die zukünftige Ambulanztätigkeit im Krankenhaus gewonnen oder in der Kardiologie das Herzecho perfektioniert werden. Da viele Kolleg:innen längere Zeit auf eine freie Ausbildungsstelle warten müssen, wäre es auch möglich, durch die Lehrpraxis die Wartezeit zu überbrücken und bereits fachspezifische Kenntnisse zu sammeln.
Unser Ziel ist es daher, die Lehrpraxisförderung auch für alle anderen Fächer zu etablieren.
5. Wo und wie finde ich eine passende Lehrpraxisstelle?
Derzeit gibt es keine funktionierende Plattform, die eine Übersicht über freie Lehrpraxisstellen ermöglicht. Sowohl für Lehrpraxisinhaber:innen als auch für Ausbildungsärzt:innen führt dies oft zu unnötigem Stress und langwierigen Suchen. Weiters gibt es keine öffentlich zugänglichen Evaluierungen der einzelnen Ordinationen. Wir denken, dass die Qualität der Ausbildung durch öffentlich zugängliche Erfahrungsberichte deutlich steigen könnte. Lehrpraxisinhaber:innen bekommen in weiterer Folge nur Bewerbungen, wenn sie die Jungärzt:innen ausreichend ausbilden.
Unser Ziel ist es daher, eine österreichweite Plattform für Lehrpraxisstellen zu etablieren.